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Michaela Simon

Entspannung beginnt schon beim Putzen, Verspannung auch.

Aktualisiert: 18. Sept. 2019

Viele Pferde sind beim Abtasten an der Sattellage während des Satteltermins erstmal etwas skeptisch, natürlich bin ich eine fremde Person und manche Pferde verwechseln mich dann auch noch mit dem Tierarzt, das sorgt für Spannung.


Vertrauen bilden beim Putzen

Mit ein paar vertrauensvollen Handgriffen an den richtigen Stellen stellt sich beim Pferd meist Wohlbefinden und dadurch Beruhigung ein. Warum? Berührungen an den richtigen Stellen und in der richtigen Intensität bilden Vertrauen. Ich habe oft Pferde auf der Koppel beobachtet, wie sie sich gegenseitig kraulen und festgestellt, dass jeder bevorzugte Stellen oder unterschiedliche Intensität mag. Unsere Pferde sagen das auch deutlich über ihre Körpersprache. Die Kraulkumpels sind nie zufällig ausgewählt, ohne Sympathie untereinander kein Kraulen. Das bedeutet, wenn wir Pferde putzen und sie sich einer ausgiebigen Massage mit dem Striegel genussvoll hingeben können, ist das ein Vertrauensbeweis.



Wenn das Satteln zur Herausforderung wird

Habe ich nun ein Pferd, das sich ungern putzen und satteln lässt, mich beispielsweise abdrängt, mit dem Schweif schlägt oder gar um sich beißt ist Stress angesagt. Nicht nur beim Pferd sondern auch bei uns. Das anschließende Satteln wird dann meist zur nervigen Herausforderung und kann im schlechtesten Fall zum Sattelzwang führen, da wir jetzt nur noch mit Druck und Zwang an unser Ziel kommen.

Versteht mich nicht falsch – Zurechtweisungen, ob mit der Stimme oder dem Körper, zur richtigen Zeit sind meist besser als später ein Pferd zu haben, welches Unarten nur durch starke Konsequenzen sein lassen wird oder gar gefährlich für uns und sich selbst wird. So kann das anschließende Reiten jedenfalls auch schwer(er) zum lockeren und angenehmen Erlebnis werden.

Viele Reiter kämpfen in diesen Situationen sogar mit Angst vor ihrem Pferd und um sich selbst. Wie du es erst gar nicht so weit kommen lässt oder du in solchen Situationen die Kurve kriegst?


Worauf Du bei Deinem Pferd achten kannst

Beginne mit der Beobachtung bei Deinem täglichen ersten Kontakt zu Deinem Pferd – beim aus der Box oder von der Koppel holen. Beobachte, ob Du den ersten Kontakt herstellst – also Blickkontakt, ansprechen, anfassen – oder ob das Pferd auf Dich zukommt und Deinen Kontakt sucht, was optimal wäre.


Jedes Pferd ist eine eigene Persönlichkeit, die einen sind aufgeschlossen und dann vielleicht manchmal herausfordernd, die anderen Gemütstypen haben die Tendenz eher zurückhaltend zu sein. Je nachdem fordern die verschiedenen Charaktäre auch am Sattelplatz unterschiedliche Kompetenzen von uns.


Welcher Typ ist Dein Pferd?


Die neugierigen Pferden, die sich schnell langweilen beim langen Angebunden sein, lassn sich auch mit Leckerlies nicht mehr beruhigen, sie lernen dann gerne das Betteln. Das hast Du sicher schon mal beobachtet. Was hilft hier?

Solche Typen brauchen einen klaren und zügigen Ablauf weil sie endlich arbeiten wollen. Wie für kleine Kinder das Stillsitzen mehr Stress bedeutet als das Toben im Freien. Bleib trotzdem ruhig und erledige alle Handgriffe am Pferd hintereinander ohne Emotionen wie Wut oder Angst zu zeigen. Stelle Dir die Frage, wie viel Du mit Deinem Pferd redest? Pferde hören aus unserer Stimme unsere Verfassung ganz genau heraus. Einer meiner Lehrmeister hat es mal so schön gesagt. "Wenn Du zu viel redest willst Du damit nur Dich selbst beruhigen, das Pferd hat da meist schon registriert, dass Du eigentlich Angst oder Stress ausstrahlst."

Vermeide lange Wartezeiten z.B. weil Du nochmal in die Sattelkammer, auf die Toilette oder ans Telefon musst. Auch Deine Ausrüstung schon bereit zu haben spart Zeit.

Der Vorteil beim zügigen Ablauf für solche Pferde ist, dass sich nicht so viel Frust anstaut, der dann beim Reiten abgebaut werden will. Die ganz besonders frechen Pferde können auch mit Deinem Nein oder einer Zurechtweisung umgehen, da sie ja nach Grenzen bei Dir suchen. Hat es Deine Grenzen akzeptiert, wird es beim Putzen und Satteln schnell brav und genießt Deine Pflege.


Eins noch, falls du so ein Pferd hast, denke immer daran, es beobachtet Dich ganz genau und bemerkt wenn Du mit Deiner Aufmerksamkeit nicht bei ihm bist! Das andere Extrem wäre, wenn es Dich ignoriert und Dir so seine Respektlosigkeit zeigt. Frage Dich, wie Du für Dein Pferd interessanter wirst als andere Reize von Aussen. Hier kommt es wieder auf Deinen Focus an, wann kannst Du es für seine Geduld Loben und wann lobst Du nur, um Dich zu beruhigen? Gibt es äußere Einflüsse, die Du bereits im Vorfeld abstellen kannst? Solche Pferde zur Fütterungszeit oder während die Herdenkumpels auf oder von der Koppel kommen, zu satteln ist nicht von Vorteil. Das sind nur einige Anregungen von vielen die helfen können.


Für die sensiblen Typen unter unseren Pferden ist es oft ein ganz anderes Gefühl da angebunden zu stehen. Sie sind möglicherweise im Fluchtmodus und verspannen sich, jeder kleine Reiz von außen lenkt sie ab und erschreckt sie möglicherweise. Hier hilft es, sich genügend Zeit zu nehmen. Wenn Leckerlies gerne genommen werden setze sie bewusst dann ein, wenn Dein Pferd aufgeschlossen und entspannt ist, sich beispielsweise auf Dich konzentriert beim Umdrehen zur anderen Seite und es dies ohne Hektik macht. Belohne niemals wenn es hektisch ist oder steif und angewurzelt alles über sich ergehen lässt, da ist es noch im Fluchtmodus. Wir müssen uns immer vor Augen führen, dass es für das Fluchttier Pferd nie selbstverständlich ist angebunden und in eingeengter Umgebung zu stehen. Durch das Vertrauen zu uns kann es das jedoch lernen. Entspannungssignale sind Abkauen, Abschnauben und eine lockere Schweifhaltung.


Gehorsames Stehen am Putzplatz ist später das Ergebnis von Vertrauen und konsequenter Wiederholung. Für diese Pferde kann es sinnvoll sein Angstquellen wie den Putzkasten, der beim versehentlichen Anstoßen rappelt, außer Reichweite vom Pferd zu haben. Dinge, die herunterfallen oder flattern können, wenn das Pferd sie vorsichtig beschnuppert oder versehentlich berührt, wie z.B. Planen, Decken oder Ähnliches, vorher wegräumen. Du kannst darauf achten hektische Bewegungen zu vermeiden, Berührungen, die vom Pferd als unangenehm empfunden werden, langsam ausweiten und bei Akzeptanz gut zu belohnen. Dinge, die besonders gefürchtet werden, wie das Auflegen der Satteldecke können mit einem Desensibilisierungs-Training am Reitplatz erarbeitet werden.

Finde heraus was Dein Pferd gerne mag. Wird beispielsweise das Putzen an einer besonderen Stelle als angenehm empfunden, kann auch das bereits Lob für Dein Pferd bedeuten.


Egal, ob du nun ein aufgeschlossenes oder ein zurückhaltendes Pferd hast, Du leitest Dein Pferd täglich durch die Situation des Putzens und Sattelns und hast damit die Möglichkeit, es für Euch beide zu einer angenehmen Routine werden zu lassen, anstatt zu einem Reizthema.


„Auf ein Pferd, das aus Angst gehorcht, ist kein Verlass. Es wird immer etwas geben, vor dem es sich mehr fürchtet, als vor dem Reiter. Wenn es aber seinem Reiter vertraut, wird es ihn fragen, was es tun soll, wenn es sich fürchtet.„ Antoine de Pluvinel

Michaela Simon

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